Ben Lesser (92) ist einer der letzten noch lebenden Holocaust-Überlebenden. Er überlebte ein gefürchtetes Ghetto, den dreitägigen Todeszug ins Vernichtungslager Auschwitz-Birkenau, das Lager Auschwitz selbst, den mörderischen 700 km langen Todesmarsch nach Buchenwald und den Todeszug über Nammering nach Dachau. Heute lebt er in Las Vegas. Er hat sich zur Aufgabe gemacht, Hass zu beenden, indem er über seine Geschichte spricht.

Knapp 440 Menschen hörten am 9.2.2021 dem 92 jährigen Ben Lesser zu, als er seine dramatische Lebensgeschichte erzählte. Sie folgten der Einladung des DGB Niederbayern und des Courage Netzwerks Niederbayern, die es sich zur Aufgabe gemacht haben an die Verbrechen des nationalsozialistischen Deutschlands und an dessen Opfer zu Erinnern. Ben Lesser überlebte zusammen mit seiner Schwester Lola als einzige seiner siebenköpfigen Familie den Holocaust.

Für die vielen zuhörenden Schüler:innen war es wohl eine der ersten und auch leider eine der wenig verbleibenden Möglichkeiten einem Zeitzeugen zuzuhören. Ben Lesser berichtete von seinem Aufwachsen in Krakau, über die Besetzung der Stadt durch die Deutschen als er 11 Jahre alt war. Sie wurden ihrer Wertsachen und ihrer Rechte beraubt. Ben Lesser berichtete wie ein deutscher Namens Hans ein Baby der Nachbarsfamilie erst misshandelte und dann am Küchentisch erschlug, während die restliche Familie schreiend daneben stand. Dies war eine der ersten dramatischen, aber bei weitem nicht die letzte dramatische Erfahrung die er während dieser Zeit machen musste. Sein Weg ging über kleine polnische Dörfer und Städte in denen die Familie Zuflucht suchte, nach Ungarn wo er letztlich dann inhaftiert wurde. Er wurde mit dem Zug nach Auschwitz-Birkenau deportiert. Seine Intelligenz, sein Lebenswillen, Zufälle und richtige Entscheidungen ließen ihn diese Zeit überstehen.

Er erlebte die Hölle, sah Dinge die unvorstellbar sind. Sah wie Kinder verbrannt, Menschen gehängt und vergast wurden. Er sah wie die menschliche Kultur unter der Herrschaft der Deutschen zerbrach. Er musste sich über einen hölzernen Bock lehnen, seine Hose wurde Stramm gezogen und seine Füße durften nicht den Boden berühren. Dann wurde er mit einem Stock geschlagen, bis das Blut aus den Hosenbeinen rann. 25 Schläge musste er laut zählen. Danach musste er sich beim beiwohnenden deutschen Kommandanten bedanken. Er hatte es geschafft, die vier vor ihm nicht, diese wurden erschossen. Eines Tages hörte er das Knallen von Geschützen und die Durchsage, dass heute niemand arbeiten müsse und das KZ evakuiert werde. Die Menschen die an die Befreiung glaubten, wurden bitter enttäuscht. Eine Odyssee begann, die für die meisten den Tod bedeutete. Ben Lessers Todesmarsch dauerte sieben Wochen ehe er das KZ Buchenwald erreichte. Von dort ging es weiter über den berüchtigten Bahnhof Nammering nach Dachau. Als sie dort durch das Tor gingen sahen sie Berge von Leichen. Ben Lesser und sein Onkel harrten aus und nach Tagen hörten sie die erlösenden Worte „Befreiung“. Die US-Amerikaner befreiten die Gefangenen und beendeten die nationalsozialistische Schreckensherrschaft.

Ben Lessers Onkel starb kurz nach der Befreiung. Ben Lesser überlebte und fing an über das Geschehene zu berichten. Über derartige Erfahrungen zu sprechen ist nicht selbstverständlich und wir sind ihm dankbar dafür. Aus unserer Geschichte erwächst Verantwortung, daran erinnerte auch Ben Lesser zum Abschluss. Wir müssen Antisemitismus und jeglichem Hass immer und überall entgegentreten, dass dieser nicht noch einmal die Oberhand gewinnt, das ist unsere Verantwortung. Ben Lesser schrieb seine Lebensgeschichte in seiner Biografie „Living a life that matters“ diese ist über die von ihm gegründete Stiftung https://www.zachorfoundation.org/ zu erhalten.